- Michael Hohenleitner
- am
- aktualisiert 22. Januar 2024
Benutzt du ChatGPT regelmäßig als Assistent für deine SEO-Aufgaben? Ich auch. Aber genau wie menschliche Assistenten ist ChatGPT nicht für alle Aufgaben gleich gut geeignet. In diesem Artikel erfährst du, wo dich generative KI unterstützen kann und wann du besser den traditionellen Weg gehst.
Das Wichtigste in Kürze
- ChatGPT kann inspirieren und unterstützen, aber Vorsicht bei datenbasierten Aufgaben.
- ChatGPT neigt zu „Halluzinationen“ und kann Daten nicht verifizieren. Aktualität und Genauigkeit sind limitiert.
- Für kreative Vorschläge wie Snippets, Textkorrekturen und Code-Generierung ist ChatGPT hilfreich.
- Bei Aufgaben wie Keyword-Recherche und -Clustering ist Skepsis geboten, da ChatGPT auf Zufall und Schätzungen basiert.
- Nutze ChatGPT, wo Kreativität über Genauigkeit steht, und sei vorsichtig bei Aufgaben, die auf aktuelle und korrekte Daten angewiesen sind.
Inhalt
Um zu verstehen, wo die Grenzen dieser Werkzeuge liegen, müssen wir ein wenig in die Funktionsweise dieser „KI“ eintauchen.
Viele der derzeitigen Schwächen von ChatGPT bzw. der Sprachmodelle, auf denen es basiert, sind dir sicher schon bekannt:
- Halluzination: Ein Sprachmodell kann (theoretisch) auf jede Frage eine Antwort geben. Dies liegt an der Funktionsweise der generativen KI (siehe nächster Abschnitt) und führt dazu, dass Inhalte manchmal erfunden werden.
- Zurückhaltung bei Bewertungen: Bei Fragen nach Personen oder Dingen, die eine Bewertung beinhalten, antwortet ChatGPT ausweichend. Dies liegt jedoch nicht an den Fähigkeiten des Modells, sondern wurde manuell hinzugefügt. Dies gilt auch für Schimpfwörter.
- Bias: Jedes Sprachmodell ist nur so gut wie seine Trainingsdaten. Obwohl die Modelle, auf die ChatGPT zugreift, mit sehr vielen Daten trainiert wurden, kann dies zu Verzerrungen führen. Es ist davon auszugehen, dass die Trainingsdaten nicht frei von Fehlern, Verzerrungen oder Marginalisierungen sind.
- Veraltete Daten: Die Daten des aktuellsten Modells GPT-4 reichen nur bis September 2021, die des Modells GPT-4 Turbo immerhin bin April 2023.
- Kein Zugriff auf das Internet: Weder ChatGPT noch die zugrundeliegenden Sprachmodelle können auf das Internet zugreifen und Daten von Webseiten oder externen Tools verwenden. In der Bezahlversion von ChatGPT ist das mit dem Codeinterpreter und Browsing-Plugins mittlerweile möglich.
- Rechenschwäche: Das ist zwar mittlerweile besser geworden, aber auch im Mai 2023 kann GPT4 keine vierstelligen Zahlen korrekt multiplizieren.
Wie funktioniert generative KI überhaupt?
ChatGPT ist in kürzester Zeit zu einem Synonym für generative KI bzw. generative Sprachmodelle (auch Large Language Models genannt) geworden, ähnlich wie Tempo für Papiertaschentücher
Die Technologie hinter ChatGPT ist nicht neu. ChatGPT selbst ist kein eigenes Sprachmodell, sondern lediglich eine Benutzeroberfläche, die über eine Schnittstelle (API) mit den Sprachmodellen (GPT-3 und GPT-4) von OpenAI kommuniziert. Das machen viele andere KI-Tools, die derzeit den Markt überschwemmen.
Die Sprachmodelle selbst basieren auf neuronalen Netzen, einem mathematischen System, das Fähigkeiten erlernt, indem es statistische Muster in großen Datenmengen findet (z.B. Textdaten wie im Fall der GPT-Modelle). Seit 2018 werden neuronale Netze mit
Die Sprachmodelle selbst basieren auf neuronalen Netzen, einem mathematischen System, das Fähigkeiten erlernt, indem es statistische Muster in riesigen Datenmengen (z.B. Textdaten wie im Fall der GPT-Modelle) findet. Bereits seit 2018 werden neuronale Netze mit gigantischen Textmengen trainiert.
Drei Dinge haben jedoch dafür gesorgt, dass ChatGPT eine größere Verbreitung gefunden hat als seine Vorgänger:
- Verfügbarkeit: Generative KI war plötzlich für alle verfügbar.
- Dialogfähigkeit: Durch den Chatbot-Ansatz war ChatGPT deutlich attraktiver in der Nutzung als ein reines Sprachmodell, das lediglich auf Basis eines Prompts einen Text generieren kann.
- Plausibilität: Was auch immer von ChatGPT kommt, klingt äußerst schlau und plausibel, selbst wenn es faktisch falsch ist.
Woher kommt das?
Auch wenn der Begriff der künstlichen Intelligenz derzeit in aller Munde ist, haben diese generativen Sprachmodelle weder Intelligenz noch Verständnis für irgendetwas. Es geht vielmehr darum, auf der Basis statistischer Wahrscheinlichkeiten das nächste Wort vorherzusagen.
Beispiel: Bei der Frage nach den Gästen der Sendung „Wetten Dass“ aus dem Jahr 2007 kann man sehen, wie GTP-3 die Namen anhand von Wahrscheinlichkeiten schätzt:
Dass ChatGPT so überzeugend klingt, hat vor allem zwei Gründe:
- Die riesige Menge an Trainingsdaten: GPT-3 und vor allem GPT-4 wurden mit vielen Milliarden Texten trainiert. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass das Modell zu jeder Anfrage etwas zu sagen hat.
- Die Transformer-Technologie ermöglicht es dem Modell, nicht nur auf einzelne Wörter zu reagieren, sondern mehrere Texte gleichzeitig zu analysieren und anhand von Scoring-Daten zu bestimmen, was als nächstes kommen soll.
Wenn das Modell einen Text generiert, wird eine sogenannte „Next Word Prediction“ verwendet. Diese ist mit einem Zufallsfaktor versehen, der dafür sorgt, dass für die gleiche Anfrage unterschiedliche Ergebnisse angezeigt werden. Du kennst diese Funktion von ChatGPT, wenn du auf „Regenerate response“ klickst. Das wird noch wichtig werden.
Wird der Zufallsfaktor („Temperature“) bei der Verwendung von GPT-3 erhöht, ändert sich die Reihenfolge der „Wetten Dass“-Gäste und es erscheinen Namen auf den vorderen Plätzen, die einen eher niedrigen Score haben:
Im OpenAI Playground und in der API von GPT-3 lässt sich dieser Zufallswert auf 0 setzen und einen quasi deterministischen Output erzeugen. Im Interface von ChatGPT geht das nicht.
Wir halten also fest:
- ChatGPT ist ein Interface einer generativen KI bzw. eines Large Language Models, das anhand von statistischen Wahrscheinlichkeiten Texte generieren kann. Nicht mehr und nicht weniger.
- Generative KI verfügt nicht über Intelligenz oder Textverständnis: Es geht mehr um Plausibilität als um die Bereitstellung korrekter Informationen.
- Durch einen Zufallsfaktor in der Next Word Prediction können auch bei identischen Anfragen unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden.
Nachdem nun die grundsätzliche Funktionsweise von generativer KI klar ist, wollen wir uns anhand einiger Beispiele ansehen, wie sich dies auf die Nutzung im Zusammenhang mit SEO auswirkt.
Finger weg von (generativer) KI bei diesen SEO-Aufgaben
Für mich gilt die klare Regel: Sobald etwas mit Daten zu tun hat und ich auf korrekte Ergebnisse angewiesen bin, verwende ich keine generative KI.
Warum?
Ganz einfach: Wie oben beschrieben, verknüpfen Sprachmodelle Wörter anhand statistischer Parameter so, dass sie einen sinnvoll klingenden Satz ergeben. Mit Zahlen verhält es sich genauso. Auch sie werden zufällig generiert. Hier ein paar Beispiele:
Keyword-Recherche
Wie groß der Faktor Zufall bei ChatGPT ist, lässt sich zeigen, indem du das Tool bittest, eine Keyword-Recherche zu erstellen. Zwar sieht die Tabelle sehr schlüssig aus, doch wenn du den „Regenerate Response“-Button drückst, wirst du eine vollkommen andere Liste erhalten.
Wie groß der Zufallsfaktor bei ChatGPT ist, kann man sehen, wenn man das Tool eine Keyword-Recherche durchführen lässt. Die Tabelle sieht zwar sehr schlüssig aus, aber wenn du auf „Regenerate Response“ klickst, bekommst du eine völlig andere Liste.
Immerhin gibt ChatGPT mittlerweile den Hinsweis:
„Da ich jedoch keinen direkten Zugriff auf aktuelle Suchvolumendaten habe, werde ich die Suchvolumina auf Basis meiner letzten Trainingsdaten bis Januar 2022 schätzen. Bitte beachte, dass diese Schätzungen nicht aktuell sein könnten und für präzise Daten eine spezialisierte SEO-Tool wie Google Keyword Planner oder ähnliche Tools empfehlenswert sind.„
Das liegt vor allem am oben erwähnten Zufallsfaktor, der in ChatGPT inhärent ist.
👉 Wie ich eine Keyword-Recherche durchführe, zeige ich dir im Beitrag „So entwickelst du eine effektive Keyword-Recherche-Strategie für deine SEO„.
Keyword-Clustering
Keyword-Clustering ist ein wichtiger Teil der Keyword-Recherche, bei dem Keywords thematisch gruppiert werden. Beim Clustering wird unter anderem entschieden, ob für ein Keyword eine eigene Seite erstellt wird oder ob es von einer anderen Seite abgedeckt werden kann.
Um dies zu entscheiden, wird geprüft, wie stark sich die Suchergebnisse der beiden Suchbegriffe unterscheiden. Da ChatGPT keinen Zugriff auf die Suchergebnisseiten von Google hat, spielt auch hier der Faktor „Zufall“ eine (zu) große Rolle.
Außerdem scheint das „Gedächtnis“ von ChatGPT nicht ausdauernd genug zu sein, um Schlüsselwörter nicht zwei verschiedenen Clustern zuzuordnen.
Suchintention ermitteln
Ähnlich verhält es sich bei der Bestimmung der Suchintention. Auch hier ist der Zugriff auf Daten außerhalb von ChatGPT entscheidend:
- Was für eine Art von Seiten rankt auf den vorderen Plätzen?
- Welche SERP-Integrationen gibt es?
- Mit welchem Content ranken die Mitbewerber?
Das merkt man schnell an den Ergebnissen. Schon beim ersten Stichwort zeigt ein Blick in die Google-Suchergebnisse, dass die Suchintention völlig falsch eingeschätzt wurde:
Keywords / Entitäten extrahieren
Entitäten aus Texten oder Datensätzen zu extrahieren ist mein tägliches Brot. ChatGPT kann das auch. Die Ergebnisse sehen zwar auch hier recht überzeugend aus, aber die Tatsache, dass ich für den gleichen Prompt mal 11 und mal 16 Entitäten angezeigt bekomme, zeigt, dass auch hier geraten und nicht gewusst wird.
Die Liste ließe sich fortsetzen, aber wer den Abschnitt „Was ist generative KI“ aufmerksam gelesen hat, wird das Prinzip verstanden haben: Generative Sprachmodelle sind nicht in der Lage, zuverlässig mit Zahlen umzugehen, und durch den Zufallsfaktor entsteht ein gewisses Maß an Willkür, oder wie Albert Einstein schon wusste:
Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.
Albert Einstein
Genau das passiert hier: Die gleiche Anforderung wird zweimal gestellt und die Ergebnisse sind unterschiedlich.
Das kann aber auch Vorteile haben.
Dafür kannst du KI nutzen
Du kannst den Zufallsfaktor aber auch nutzen, um gute Ergebnisse zu produzieren. Denn überall dort, wo keine objektiven, analytischen Ergebnisse erwartet werden, kann dir die generative KI eine praktische Hilfe sein.
Snippets und Headlines generieren
Derzeit würde ich davon abraten, ganze Texte von einem Large Language Model schreiben zu lassen. Vorschläge (!) für einzelne Textbausteine kann die KI aber liefern:
- Inspiration für (Zwischen-) Headlines
- Ideen für Title und Description – wobei auch hier wieder das Problem besteht, dass die KI nicht weiß, wie lange die Snippets sein dürfen.
Texte korrigieren lassen
In Sachen Grammatik weiß ChatGPT generell zu überzeugen. Einen kurzen Text schnell auf Rechtschreibfehler überprüfen und sofort korrigieren lassen: kein Problem:
Wichtig: unbedingt prüfen, ob der Text nicht inhaltlich verändert wurde.
Reguläre Ausdrücke generieren
Eine RegEx, um Longtail-Keywords mit mindestens 3 Wörtern in der Google Search Console zu finden? Kein Problem, ChatGPT generiert sie in Sekundenschnelle:
Erstelle mir einen regulären Ausdruck, mit dem ich die Keywords in der Google Search Console so filtern kann, dass nur noch Keywords mit mindestens 3 Worten enthalten sind.
Strukturierte Daten erzeugen
Auch die Erzeugung strukturierter Daten ist für die generative KI gut geeignet. Allerdings muss hier im Prompt sehr genau formuliert werden, was gewünscht wird:
Erstelle mir strukturierte Daten nach schama.org vom Typ FAQ als JSON für diese Fragen und Antworten:
F: Was ist SEO?
A: SEO ist eine Disziplin, um Webseiten in Suchergebnissen sichtbarer zu machen
F: Wie lange dauert SEO?
A: Es kommt darauf an.
Um sicherzugehen, dass der Output korrekt ist, solltest du die Daten mit dem Testtool für strukturierte Daten testen, bevor zu sie auf deiner Website verwendest.
Regeln für deine Robots.txt-Datei erstellen
Sich die Syntax von Robots.txt Dateien zu merken ist mühsam, da man sie selten braucht. Gut, dass ChatGPT auch das kann. Einfach in die Eingabeaufforderung eingeben, was vom Crawlen ausgeschlossen werden soll und schon wird der Inhalt für die Datei generiert:
Generiere mir eine Regel für eine valide Robots.txt Datei mit folgenden Regeln:
- Verbiete das Crawling durch den Googlebot für alle URLs mit dem Parameter q
- Verbiete das Crawling für alle URLs im Verzeichnis /checkout
Auch hier gilt: zur Sicherheit noch mal mit dem Robots.txt-Tester von Google prüfen, ob der Inhalt auch wirklich korrekt ist.
Coding
Was für strukturierte Daten, Robots.txt und reguläre Ausdrücke gilt, gilt für alles, was mit Programmieren zu tun hat. ChatGPT kann eine große Hilfe bei der Erstellung von Code jeglicher Art sein. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, empfehle ich dir den Artikel 5 KI-Tools, die bei der Entwicklung von Websites helfen von meinem Kollegen Patrick.
Alt-Attribute schreiben lassen
Wir nutzen die Vision API von OpenAI, um uns Alt-Attribute für unsere Bilder generieren zu lassen. Diese werden direkt in WordPress für jedes hochgeladene Bild ergänzt. Die Qualität ist sehr gut und bei Bedarf kann noch manuell korrigiert werden.
Fazit
Um das Beste aus ChatGPT & Co. herauszuholen, ist es wichtig, die Funktionsweise zumindest grundlegend zu verstehen. Nur so weiß man, wo die Grenzen liegen und wird nicht Opfer falscher Versprechungen, wie sie derzeit zuhauf gemacht werden.
Du suchst Inspiration für neue Blogposts oder möchtest Fragen für eine FAQ sammeln? Überall dort, wo Kreativität vor Genauigkeit geht, ist generative KI ein praktischer Helfer.
Sobald es jedoch um Themen geht, bei denen es auf Aktualität und korrekte Daten ankommt, sollte man bei der Verwendung von ChatGPT und ähnlichen Tools vorsichtig sein.
Das Spannende an der generativen KI ist aber auch, dass plötzlich Dinge möglich sind, die vorher nicht möglich waren. Wenn ich also eine Aufgabe habe, die ich vorher nicht lösen konnte und das Ergebnis nicht hundertprozentig richtig sein muss, dann verwende ich gerne die GPT-Modelle auch für Datenthemen.
Hier eine kleine Entscheidungshilfe:
Hol dir unser Wissen direkt in dein Postfach!
Einmal pro Woche schicken wir dir Wissenswertes rund um WordPress, SEO, KI, Datenschutz, Sicherheit, Texte, Bilder und Webdesign – verständlich aufbereitet, ergänzt um spannende Einblicke in den StrategieVier-Allltag. Trag dich direkt hier in unseren Newsletter ein!
Du meldest dich zu unserem Newsletter an. Macht vier Mal Website-Wissen pro Monat. Dafür nutzen wir Active Campaign. Du kannst dich jederzeit per Klick abmelden. Datenschutz.